2,2% des BIP werden durch den Bau-Stau gefährdet

Im Wahlkampf 2021 äußerte Robert Habeck, er möchte „einen Wachstumsimpuls setzen, der dieses Land nach vorne bringt“.
Zwei Jahre später ist Deutschland in einer Rezession, und die Baubranche befindet sich im freien Fall. Durch die große Bedeutung der Baubranche für unsere Volkswirtschaft sind damit 2,2% des Brutto-Inlands-Produkts (BIP) akut gefährdet – Tendenz steigend!

Das BIP lag 2022 bei knapp 3,9 Bil. €. Der Anteil der Bauinvestitionen (476 Mrd. €) belief sich dabei auf 12,3% des BIP. 61,6% dieser Investitionen flossen in den Wohnungsbau. Damit betrugen die Investitionen in den Wohnungsbau mit 295 Mrd. € rund 7,6% des BIP. Der Rückgang der Baugenehmigungen für den Wohnungsbau betrug von Januar bis August 2023 -28,3%, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Der negative Effekt auf das BIP beträgt damit circa -2,2%.

Diese Zahl wird jedoch noch höher ausfallen, wenn die Politik nicht schnell reagiert. Denn zu dem Rückgang an Baugenehmigungen kommen noch Stornierungen bisheriger Bauaufträge hinzu. Allein im September 2023 litten laut einer Umfrage des Ifo-Institut 21,4% der Firmen in der Baubranche unter stornierten Aufträgen.

Von den versprochenen Wachtumsimpulsen aus dem Wahlkampf ist bei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nichts übrig geblieben. Bei der letzten Debatte im Bundestag Ende September 2023, bei der die Ampel-Koalition ihr 14-Punkte-Hilfsprogramm zur Förderung des Wohnungsneubaus verteidigen wollte, musste Habecks Parteikollegin und baupolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Christina-Johanne Schröder, stattdessen zugeben: „Wir reagieren!“.
Sanierungsstau, steigende Mieten und zu wenig bezahlbarer Wohnraum mögen von der Vorgängerregierung geerbte Probleme seien. Doch nach zwei Jahren in Regierungsverantwortung ist bloßes „reagieren“ viel zu wenig.
Gegen steigende Mieten braucht es mehr Wohnraum, denn nur eine Vergrößerung des Angebots führt zu niedrigeren Preisen. Und für bezahlbaren Wohnraum und zur Lösung des Sanierungsstaus sind staatliche Subventionen erforderlich.

Was es nun braucht: ein Sondervermögen für den Wohnungsneubau

Was für unsere Sicherheit und die Bundeswehr gilt, muss in gleicher Weise auch für den sozialen Frieden in unserem Land gelten: mehr Geld ist erforderlich, um beides zu erhalten.

„Wer Wachstum beschränken will, verübt einen Anschlag auf die soziale Marktwirtschaft“, titelte Christian Lindner im November 2019 in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel.
Im Umkehrschluß heißt dies, dass wirtschaftliches Wachstum eine grundlegende Voraussetzung für den sozialen Frieden ist. Insofern ist die aktive Förderung und das Ermöglichen von wirtschaftlichem Wachstum eine zentrale Verantwortung der Politik.

Dies geschieht am effektivsten durch politische Rahmenbedingungen, die Investitionen für Marktteilnehmer attraktiv machen. Dazu braucht es in der Baubranche angesichts gestiegener Bauzinsen und Materialkosten vor allem zusätzliche staatliche finanzielle Anreize.

Als Finanzminister der Koalition wird Herr Lindner genau dieser Verantwortung nicht gerecht. Statt die notwendigen Investitionsanreize zu schaffen, unterbleiben diese zugunsten einer geringeren Neuverschuldung, der „fiskalischen Trendwende“. Eine tatsächliche und nachhaltige Trendwende kann jedoch nur mit einem Wachstum der Wirtschaft gelingen. Der Wohnungsneubau mit einem Anteil von 7,6% ist dabei ein wichtiges Segment.

Investitionen in den Wohnungsneubau sind nicht nur ein Wachstumstreiber unserer Volkswirtschaft, sondern führen zu mehr Wohnraum, niedrigeren Mieten und stärken dadurch überproportional den sozialen Frieden.

Politische Lösungen sind dringend erforderlich

Laut den Prognosen des ifo Institut wird das BIP 2023 um 0,4% sinken, für 2024 und 2025 wird bestenfalls ein Wachstum von 1,2% bis 1,4% vorhergesagt.

2022 wurden 295 Mrd. € in den Wohnungsbau investiert, das waren 7,6% des BIP. Bei einem Rückgang der Wohnungsbaugenehmigungen um 28,3% von Januar bis August 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht dieser Rückgang einem Effekt auf das BIP von -2,2%.
Allein der Rückgang des BIP durch die Krise in der Baubranche hat das Potenzial, das gesamte prognostizierte Wirtschaftswachstum der nächsten zwei Jahre in Deutschland zunichtezumachen.

Deshalb muss der Bau-Stau jetzt aufgelöst werden, indem die Wohnbau-Agenda für Deutschland umgesetzt wird. Ansonsten droht das BIP um 2,2% einzubrechen. Die Folge für Deutschland wäre mindestens eine Verlängerung der Rezession, wenn nicht sogar das Abrutschen in eine Depression.